Axels Weintagebuch

Wein

Wenn denn im Wein die Wahr­heit liegt, dann jen­seits des im­mer mehr auf­kom­men­den Wein­sno­bis­mus und des Auf­drö­selns eines so kom­ple­xen Pro­duk­tes in Par­ker­punkte oder der "noch ne ex­oti­sche Me­lo­nen­sor­te die nie­mand kennt nach der der Wein aber ein­deu­tig schmeckt" Exzesse... Hier in mei­nem Wein­tage­buch stel­le ich ih­nen un­se­re Lie­fe­ran­ten und deren Wei­ne vor, be­rich­te von Wein­pro­ben und -er­leb­nis­sen (teil­wei­se auch der drit­ten Art) und las­se Sie teil­ha­ben an der Welt des Wei­nes, so wie ich sie sehe... Es geht also um Per­sön­lich­es, Sub­jek­ti­ves und nicht im­mer Ern­stes -  hof­fent­lich aber zu­meist um Er­freu­li­ches, wo­bei man sich ja auch ge­ra­de durch­aus lust­voll mit dem Un­er­bau­li­chen aus­ei­nan­der­set­zen kann...
Ich freue mich sehr, wenn sie mich auf mei­nen Wein­rei­sen be­glei­ten.
Axel Humpert


Mosel und Pfalz: Weinprobe am 24. Mai 201428.05.2014

Ein erster frühsommerlicher Abend brachte folgende wein- und genusserfahrene Leute an einen großen Tisch in unserem Weingarten...

Gerhard F. und Andrea N. (Pfälzer Weinstrassenbewohner)
Annette und Hakon (Schwedische Globetrotter)
Michael Blümling (Neefer Winzer)
Sabine, René und Axel (Kleine Weinhotelisten)

...um diese Weine zu probieren:

1) 2013 Pinot Blanc trocken, Weingut Leo Fuchs, Pommern, Preis ab Weingut € 8,00
2) 2013 Spätburgunger Rosé trocken, Michael Blümling, Neef, € 6,00
3) 2013 Forster Riesling trocken, Dr. Bürklin-Wolf, Wachenheim, € 15,00
4) 2012 Wachenheimer Riesing trocken, Dr. Bürklin-Wolf, Wachenheim, € 12,00
5) 2012 Ruppertsberger Riesling trocken, Dr. Bürklin-Wolf, Wachenheim, € 12,00
6) 2012 Neefer Frauenberg "Alte Reben" feinherb, Michael Blümling, Neef, € 7,50
7) 2009 Spätburgunder trocken, Michael Blümling, Neef, € Unbezahlbar, da vorletzte existierende Flasche

Zusammenfassung der Kommentare:

zu 1)
- typische Säure des Jahrgangs, steht ihm sehr gut
- leichte Gärungskohlensäure durch kühle Vergärung
- knackig und frisch
- ein Maul voll Wein
- irre guter Mainstream, bitte mehr davon
- normalerweise mag ich keine Weißburgunder

zu 2)
- das ist doch mehr ein Blanc de Noir als ein Rosé
- wenn wir doch so etwas in Südfrankreich bekommen hätten
- Mostgewicht einer Spätlese, kräftig aber nicht fett
- blitzsauber, ganz viel Stoff
- daran möchte man sich zwar den ganzen Abend lang festhalten, aber leider ist die Flasche keine Doppelmagnum

zu 3)
- ähm...
- ???
- das ist ein "Cru Village" von Forster Toplagen?
- in der Nase intensives Gerolsteiner Naturelle
- ... am Gaumen auch
- hat jetzt schon mal hier auch die jahrgangstypische Säure
- meine Zunge ist kaputt, ich schmeck da nix
- der ist so verschlossen, wer hat denn den Schlüssel und wann kann man den bekommen?

zu 4)
...siehe zu 3), ein Hauch von Aroma war aber erkennbar

zu 5)
...wurde im Vergleich zur 4 in derselben Relation wahrgenommen wie die 4 zur 3

Um diese 3 Weine noch mal in Ruhe wahrzunehmen, stellten wir die halbvollen Flaschen ins Kühlhaus in der Hoffnung, dass ihnen etwas Luft helfen würde. Mehr zur Nachverkostung später.

zu 6)
- der hat jetzt leichtes Spiel als Feinherber nach den Trockenen
- ja, aber wenn ich mir die Nase zuhalte, fühlt er sich immer noch besser an als die Trockenen
- Alte Reben ist ja ein gern genommener Wischi-Waschi-Begriff, aber hier trifft die Faust auf´s Auge
- stoffig, balanciert, perfekte Frucht, Paradebeispiel dafür, wie man das machen sollte, wenn man einen feinherben Feierabendwein haben will

zu 7)
- Sensation!
- makelloser Wein aus perfektem Pinot-Noir-Jahrgang
- kein dicker Brummer sondern elegant und leichtfüßig
- ja! ...mehr ein Götze denn ein Gomez...nur eben länger als Götze
- ist noch was in der Flasche?... Ihr seid sooo gemein! Suffköpp!

Ein wirklich guter Abend mit großen Augen bei den Schweden, Kopfkratzen bei den Mittelhaardtern, zufriedenes Grinsen beim Neefer Winzer und das Gefühl der Bestätigung bei den Weinhotelisten, auf dem richtigen Wein-Weg zu sein.

Ich persönlich war konsterniert angesichts der Rieslinge vom Weingut Dr. Bürklin-Wolf, ich hatte dort einige der besten Jahre und Weine meines Lebens. Die Nachprobe war also wirklich wichtig für mich, mehr dazu in einem der nächsten Tagebucheinträge.


Nachprobe Dr. Bürklin-Wolf Ortsweine am 26. Mai 201409.07.2014

Auch wenn die Notizen nun ein paar Wochen alt sind, geht ja nun kein Weg daran vorbei, über die Nachverkostung der Ortsweine

2013 Forster Riesling
2012 Wachenheimer Riesling
2012 Ruppertsberger Riesling

zu schreiben. Mit guten 2 Tagen "Luft in den angebrochenen Flaschen" war ich guter Dinge, schlauer aus den Weinen zu werden. Pustekuchen! Den Verkostungskommentaren aus dem letzten Tagebucheintrag war einfach nichts Positives hinzuzufügen.

Also belasse ich es jetzt in Bezug auf dieses Trio auch nur bei dem Hinweis, dass wir exakt diese Weine in einem Jahr nochmals probieren werden.

Eine der wichtigsten Stärken für mich war bei BW-Weinen immer, dasss man nicht von Lagerfähigkeit sondern von "Lagerbedürfnis" sprechen konnte. Die Langlebigkeit ist legendär, es dauerte Jahre, bis die großen Weine ihren Zenit erreichten, und wer die Geduld aufbrachte, manchmal auch mehr als 10 Jahre zu warten, wurde mit unglaublichen Weinerlebnissen belohnt.

Daraus ergibt sich eine wunderbare Überleitung zum nächsten Tagebucheintrag, in dem wir uns als Schwerpunkt reifen, großen Weinen von Dr. Bürklin-Wolf widmen...


Ganz ganz ganz ganz große Sachen am 13. Juni 201409.07.2014

...an diesem Tag ging es in die Vollen:

Weine:

1) 2007 Pechstein (Forst), Riesling trocken, Dr. Bürklin-Wolf
(Preis des aktuellen Jahrganges € 40,00)
2) 2006 Kirchenstück (Forst), Riesling trocken, Dr. Bürklin-Wolf
(Preis des aktuellen Jahrganges € 100,00)
3) 2005 Hohenmorgen (Deidesheim), Riesling trocken, Dr. Bürklin-Wolf
(Preis des aktuellen Jahrganges € 40,00)

4) 2012 Frühburgunder Auslese trocken, Weingut Schumacher,
St. Aldegund (Fassprobe, Preis vorauss. ca. € 25,00 - 30,00)
5) 2005 Heiligenberg, Pinot Noir, Weingut Hollerith, Maikammer
ca. € 35,00

6) 2011 Gottesfuß, Riesling trocken, Van Volxem, ca. € 35,00
7) 2006 Frauenberg, Riesling trocken, Amlinger & Sohn, Neef
(gelagerter Bestand wird bald erneut angeboten, Preis folgt)

8) 1999 Rüdesheimer Berg Rottland, Riesling Spätlese restsüß,
Weingüter Wegeler, Gutshaus Oestrich/Rheingau, ca. € 20,00

Verkoster:

Tom Franzen, Weingut Laurentiushof, Bremm
Christian Amlinger, Weingut Amlinger & Sohn, Neef
Rüdiger Nelius, Winzermeister aus Neef
Sabine, René und Axel, Weinhotelisten

zu 1)
...gemischte Meinungen, tendenziell hin zu "noch verschlossen". In der Nase recht reif, am Gaumen aber das für mich Bürklin-Wolf-typische-muss-noch-liegenbleiben. Vielleicht ist dies typisch für den Jahrgang, ein vor 3 Monaten verkosteter 2007er Hohenmorgen zeigte die gleiche Art. Schade, zu früh geöffnet, jetzt sind wir schlauer...

zu 2)
O-Ton der Verkoster: Totaler Irrsinn, ich werd verrückt, ja leck mich am Arsch, ein Großer Wein, nein ein Riesengroßer, DAS ist Perfektion...
Uns allen erschien der Wein auf seinem Höhepunkt, eine echte Punktlandung. Trockener Riesling kann so wunderbar reifen, und hier wurde aus dem extrem schwierigen Jahrgang etwas herausgeholt, das den vermeintlich besseren Jahrgängen in nichts nachsteht. Der Beweis wird angetreten, dass sich Aufwand und Können in Weinberg und Keller bezahlt machen.

zu 3)
Tom sagte: "Auf den 2. Blick noch spannender als der Kirchenstück... Röstaromen... wo kommen die denn her?"
Hochkomplexer Wein, könnte vielleicht sogar noch das eine oder andere Jahr in der Flasche liegen, stellt sich nur die Frage, wie gut er denn noch werden können soll? Ein Meisterwerk!

...ein Päuschen... ein Happen Brot, viel Wasser...

zu 4)
Für eine Fassprobe sehr weit, gekonnter Holzeinsatz im Bourgogne-Stil. Christian merkte an, dass einige Monate Fassreife mehr sehr gut tun würden. Das sollte ja auch der Fall sein, da der Wein etwa 6 Monate nach dem Probeabzug gefüllt worden ist. Sehr eleganter Stil, eben die typische Finesse der Mosel... es herrschte die einhellige Meinung, dass dieser Wein sich vor einigen großen Ahr-Frühburgundern nicht zu verstecken braucht, es bleibt halt noch die Probe nach "offizieller" Abfüllung abzuwarten... aus meiner Sicht vor allem deshalb, um sich eine ausreichende Scheibe von der Charge sichern zu können...

zu 5)
... unverkennbar sind Holleriths Jahre in Nordamerika, eine deutlich "amerikanische" Pinot-Noir-Stilistik, unserer Auffassung nach entweder Barrique aus amerikanischer Eiche oder deutlich getoastete französische...
Tolle Reife, kann bestimmt noch liegen, muss aber nicht mehr... seit einigen Jahren "begleiten" wir diesen 2005er nun, so gut habe ich ihn noch nie getrunken.
Rüdiger sagte:" Barrique kann mir sonst gestohlen blleiben, aber das, das hier, Mann, das ist aber gut!"

...eine weitere Pause, noch viel mehr Wasser...

zu 6)
Ein starker Wein, noch sehr jung, zu jung war die Meinung (was ja nun mal für ein Großes Gewächs spricht, wer der jetzt schon auf dem Höhepunkt, wäre ich enttäuscht). "Typisch Van Volxem", "Klasse", "blitzsauber", "etwas zu technisch für mich" waren die O-Töne...

zu 7)
Eine deutliche, aber sehr angenehme Reife, in der Nase viel weiter als am Gaumen, aber Luft tut ihm gut... Säure und Mineralien kraftvoll, ein weiteres Beispiel dafür, dass man aus diesem schwierigen (von der Mehrheit leider als "schlecht" verrufenen) Jahrgang einen ausgezeichneten Wein herausholen kann, der einfach seine Zeit braucht, um seine wahren Stärken zu zeigen.

8)
Es machte sich Begeisterung breit... "das ist NUR eine Spätlese?????" ...Aromatik einer leichten Beerenauslese, Rosinen und Karamell und alles was dazugehört, lediglich in einer "unfetten" und "richtig trinkbaren" Auslegung. Alle Daumen hoch und große Freude, dass Wegeler diesen Wein neu verkorkt und ein weiteres Mal auf den Markt gebracht haben ("Bestandssicherung" mittlerweile erfolgreich abgeschlossen).